Let’s do some hype..

Ich liebe die NBA. Einerseits weil ich gutes Basketball mag (vor allem die letzten 2-3 Minuten – in kaum einem anderen Spiel sind die so unglaublich spannend), andererseits aber auch wegen der tollen Berichterstattung. In keiner anderen US-Sportart wird ein Team so schnell hoch- und auch wieder runtergeschrieben – und oftmals ist es sogar noch extremer, als der Mainz-wird-Meister-Hype den man am Anfang der Bundesligasaison in Deutschland verfolgen durfte.

Zwei Beispiele gibt es in dieser Saison. Das, das wohl jedem einfällt: Miami. Was wurde nicht alles geschrieben, vom besten Team aller Zeiten war gar die Rede. Die Wettanbieter sind mit eingestiegen, als Sportwetter konnte man darauf wetten, ob die Heat den Rekord von Chicago für die meisten Siege in einer Saison einstellt, wer Meister wird schien ebenfalls schon von vorn herein festzustehen. Na gut, um fair zu bleiben nicht ganz: Die Lakers waren auch ganz gut aufgestellt von den Quoten her, aber der Rest der Liga? Alles Amateure im Vergleich zu den Big3 die die Liga aufmischen wollten. So viel zur Theorie. Jetzt ein kurzer Blick in die Praxis: Zehn Spiele gewonnen, acht verloren. Auswärts zwei Siege und fünf Niederlagen, nur zwei der letzten sechs Partien gewonnen. So spielt kein absoluter Favorit und Meisterkandidat. Und ganz ehrlich: Es ist nicht überraschend, dass die Heat nicht die Liga dominiert. Mit LeBron James und Chris Bosh wurden zwar zwei absolute Topstars geholt, aber beide waren bisher in ihren Mannschaften unumstritten die Stars. Das ist nun anders, Miami ist Wade-Land – und auch der muss sich erst einmal daran gewöhnen, dass er nun zwei Mitspieler auf Augenhöhe hat (naja gut, einen auf Augenhöhe und einen knapp darunter). Die Chemie stimmt also momentan ganz und garnicht. Dazu kommt, dass LeBron James zum ersten Mal wirkliche Mitspieler und nicht nur gute Statisten neben sich hat und er zeigt vor allem in Drucksituationen, dass er damit nicht umgehen kann. Nach wie vor scheint er unsicher zu sein, ob er den Ball fordern will und die wichtigen Punkte machen (wie es zB Kobe Bryant bei den Lakers tut) oder ob er sich in solchen Situationen zurücknimmt, das Team nach vorne stellt und mehr passt. Daran muss James dringend arbeiten. Und der Rest des Teams muss den Arsch hochkriegen. Jon Lee, NBA-Spezialist eines großen Bet-Consulting-Unternehmens, dass auch in Vegas tätig ist sagte dazu: „Miami has shown this year that even Dwyane Wade and LeBron James can’t carry a team every night playing 2-on-5“. Und eigentlich war das auch schon vor der Saison klar. Aber die Story war so schön.

Soviel also zum „Positivhype“. Es geht aber auch anders herum, wie das geht, kann man gerade in diesen Tagen beobachten. Ich bin heute über die nette Schlagzeile „Is it panic time for the Lakers?“ gestolpert. Moment – Lakers? Die waren doch auch noch Favorit auf den Titel, haben mit Kobe Bryant einen der nach wie vor besten Spieler der Liga in ihren Reihen, funktionieren als Team und sind zuletzt zwei Mal Meister geworden oder? Aber gut, die letzten drei Spiele hat man alle verloren, insgesamt also fünf der letzten zehn. Das reicht dann auch großen Sendern um daraus eine Schlagzeile zu machen und quasi das Ende einer Ära einzuleiten. Aber schauen wir mal etwas genauer hin: LA hat 2010 erst fünf Spiele verloren und die höchste Niederlage war ein Rückstand von sechs Punkten. Davon, dass das Team nicht funktioniert oder nicht spielt kann also keine Rede sein. Dazu kommen die Verletzungen von Andrew Bynum und Theo Ratliff, die dem Team einfach fehlen und ein wirklich undankbarer Spielplan (u.a. mit Zwei-Tages-Roadtrips an die Ostküste, also einmal quer durchs Land). Ich sehe nur zwei wirkliche Probleme bei den Lakers: Kobe Bryant macht zu viel und sie können absolut nicht gegen kleine, schnelle Guards spielen. Das erste Problem lässt sich leicht lösen, vor allem wenn die Mannschaft Pau Gasol wieder mehr einbindet, der zuletzt zu selten am Ball war. Das zweitgenannte Problem hingegen bleibt wohl erst einmal bestehen. Weder Derek Fisher noch Backup Steve Blake sind schnell genug um mit den Stars der Position, Ty Lawson, Chris Paul, Tony Parker und Rajon Rondo, mitzuhalten. LA muss das in den Griff kriegen und auf den anderen Positionen gut verteidigen. Wenn das klappt, dann kann LA den Hattrick machen. Das wissen wohl auch die meisten Sportanalysten. Aber hey – ein bisschen Hype ist doch auch schön. Und evtl. sehen wir die NBA dann demnächst auch Vormittags im Privatfernsehen – natürlich ohne die nervigen Spiele zwischendurch. Und falls nicht kann zumindest hoffentlich der eine oder andere Sportwetter davon profitieren, dass John Q. Public diesen Mist auch noch unhinterfragt glaubt.

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