Vorschau Fußball Bundesliga, Team-Check: FC Bayern München, Teil 1

Der FC Bayern München startet traditionell als Meisterschaftsfavorit Nummer eins in die Saison 2010 / 2011. Die Fußballtrainer der 1. Bundesliga sind sich fast alle einig: Das Star-Ensemble von der Isar um Franck Ribéry, Arjen Robben & Co. holt auch in dieser Saison die Meisterschale nach München. 15 der insgesamt 18 Bundesliga-Trainer tippten in einer Umfrage der dpa auf die Mannschaft von FCB-Erfolgscoach Louis van Gaal. Da heißt es zum Beispiel: „Die sind wegen ihres starken Kaders immer Favorit“ (Jupp Heynckes, Bayer Leverkusen), „Meister wird wieder Bayern München, weil keine andere Mannschaft auch nur annähernd so stark besetzt ist wie die Münchner“ (Jürgen Klopp, Borussia Dortmund) oder „Favorit ist immer der FC Bayern. Denn sie haben den besten Kader“ (Felix Magath, FC Schalke 04). Wenn also die Bayern nach Ansicht der überwältigenden Mehrheit der 18 Bundesliga-Trainer auch in der kommenden Saison wieder deutscher Fußball-Meister werden, dann ist die Sache auf dem Papier eigentlich klar. Die Betonung liegt allerdings auf „eigentlich“, denn in der Praxis wird es kein leichtes Unterfangen und schon gar kein Spaziergang bzw. Selbstläufer werden. Dass sich außerdem ein Felix Magath in der Rolle des Unerdogs sehr wohl fühlt, sollte mittlerweile allseits bekannt sein.

Die Ausgangslage: Im Gegensatz zu anderen Spitzenteams der Fußball-Bundesliga begab sich der FC Bayern München in der Sommerpause überhaupt nicht auf Shoppingtour. Keinen Cent an Ablöse gab das Trio Nerlinger, Rummenigge und Hoeneß für neue Spieler aus. Wozu auch? Immerhin haben in der vergangenen Saison bereits zwei U23-Akteure in Person von Holger Badstuber und WM-Held Thomas Müller den Sprung in den Bayern-Kader geschafft. Vom Nobody zum Weltstar – keine Utopie, sondern dank Louis van Gaal, der bekannt dafür ist, junge Spieler mit Potenzial zu entdecken und fördern, eine durchaus realistische Gelegenheit , die auch andere Amateur-Spieler beim Schopfe packen wollen. So auch Diego Contento, der in der kommenden Saison als Absicherer für Franck Ribéry fungieren soll. Seinetwegen verzichteten die Bayern-Bosse sogar darauf, einen neuen Linksverteidiger zu verpflichten. Und das, obwohl man bereits mit Ajax Amsterdam über Gregory van der Wiel oder mit Benfica Lissabon über Fabio Coentrao verhandelte. Laut Karl-Heinz Rummenigge waren die Bayern bereit, einen Transfer zu tätigen. Aber Louis van Gaal hat sich für Contento und damit für einen weiteren Zugang aus dem eigenen Nachwuchs entschieden. Zum einen wohl, weil die jeweils geforderten Ablöseseummen ein paar Euro zu hoch waren, zum anderen aber auch deshalb, weil er in Contento einen Verteidiger mit sehr viel Potenzial sieht. Eingriffe in den hypererfolgreichen FCB-Kader kämen nach einer Saison mit dem Gewinn des Doubles und dem Einzug ins Finale der UEFA-Champions-League auch purem Personal-Aktionismus gleich. Natürlich sollte man als europäisches Top-Team immer auf der Suche nach Verstärkungen sein. Doch der aktuelle Bayern-Kader ist schlicht zu homogen, um unbedingt Veränderungen vornehmen zu müssen. Festzuhalten bleibt also: Einen Megadeal, wie ihn der FC Bayern noch in der vergangenen Saison mit Mario Gomez oder Arjen Robben getätigt hat, wird es dieses Mal nicht geben. Vielmehr ist 2010 das Jahr der Rückkehrer: Mit Toni Kroos (Bayer Leverkusen), Breno (1. FC Nürnberg), Andreas Ottl (1. FC Nürnberg), Edson Braafheid (Celtic Glasgow) und José Ernesto Sosa (Estudiantes La Plata) kehrt eine Handvoll ausgeliehener Spieler an die Säbener Straße zurück. Luca Toni (FC Genua), Christian Lell (Hertha BSC), Andreas Görlitz (FC Ingolstadt 04), Michael Rensing (steht vor einem Wechsel zum spanischen Erstliga-Aufsteiger Hérucles Alicante) und Mehmet Ekici (ausgeliehen an den 1. FC Nürnberg) haben hingegen den Verein (zumindest vorläufig) verlassen.

Stärken / Schwächen: Anders als noch zu Beginn der vergangenen Saison wird es dieses Mal mit Sicherheit keine Anlaufschwierigkeiten geben, weil die Spieler das System „van Gaal“ längst verinnerlicht haben. Dass sich beim FC Bayern in dieser Saison jeder in- und auswendig kennt, ist das ganz große Plus. Auch das Selbstvertrauen der vielen WM-Fahrer (Schweinsteiger, Lahm, Müller, Badstuber, van Bommel, Robben usw.) ist riesig – ein weiterer fetter Pluspunkt. Außerdem stehen Spieler à la Lahm, Schweinsteiger, van Bommel, Ribéry, Robben, Müller, Olic und Klose für eine ganz besondere Qualität. Wenn überhaupt über die Stärke eines Mannschaftsteils ernsthaft diskutiert werden kann, dann über die Defensive: Torwart Hans-Jörg Butt spielte zwar eine souveräne Saison, gehört aber sicherlich nicht zu den besten seiner Zunft. Auch die Innenverteidigung, auf der mehrere Konstellationen denkbar sind, ist definitiv nicht europäische Spitzenklasse. Demichelis ist letzte Saison jegliche Konstanz abhanden gekommen, sein Spiel war von eklatanten Stellungsfehlern und Defiziten im Spielaufbau geprägt. Und van Buytens´ fußballerisches Potenzial ist ohnehin arg limitiert. Bleibt also noch Senkrecktstarter Badstuber – allerdings hat der Lieblingsschüler von van Gaal eine eher leidvolle WM hinter sich. Ob die Ausbotung aus der DFB-Stammelf eventuell Auswirkungen auf Badstubers Leistung in der Bundesliga haben könnte, bleibt vorerst abzuwarten. Fakt ist: Als Bundesliga-Profi steht man, besonders beim FC Bayern, permanent unter immens hohem Erfolgsdruck. Zudem gilt bekanntlich für Bundesliga-Newcomer die zweite Saison als besonders hart. Darüber hinaus ist es ein durchaus riskantes Unterfangen, mit Contento voll und ganz auf einen Spieler zu setzen, der bislang kaum über Bundesliga-Erfahrung verfügt. Besonders eine für Bayern-Verhältnisse typische Saison mit Dreifachbelastung aus Bundesliga, Champions-League und DFB-Pokal birgen immer die Gefahr von Leistungsschwankungen, die man sich auf diesem Niveau kaum erlauben darf. Sobald auch nur ein Akteur leistungstechnisch aus der Reihe tanzt, wird es gegen die Fußball-Schwergewichte, denen man auf Europas großer Fußball-Bühne begegnet, unmöglich. Umso prekärer wird die Situation um Contento deshalb, weil Ribéry, dessen Rücken er freihalten soll, als kreatives Gehirn der Bayern nicht unbedingt für eine außerordentlich gute Rückwärtsbewegung bekannt ist. Hinzu kommt auch noch die Verletzung von Robben, der aufgrund seiner individuellen Klasse jedes Spiel im Alleingang entscheiden kann. Ein Robben ist nicht zu ersetzen.

Trainer & Umfeld: Louis van Gaal ist in München enorm beliebt und genießt – zu Recht – höchsten Respekt. Nicht nur, weil er in seiner Premierensaison gleich in drei Endspielen stand, sondern dem Rekordmeister auch seinen ganz eigenen Stempel aufgedrückt hat. Seine Philosophie: Er lässt attraktiven Offensivfußball spielen, der darauf ausgerichtet ist, das Spiel über 90 Minuten lang zu dominieren. Außerdem hat er ein außerordentliches Gespür für junge Talente. Das „Feierbiest“ gehört – ohne Zweifel – zu den Allerbesten! Allerdings droht beim FC Bayern wie immer schnell Stress, sollte es einmal nicht rund laufen sollte. Das Star-Ensemble von der Isar ist schließlich zum Siegen verdammt.

Fazit & Prognose: Die Qualität des Bayern-Kaders kann kaum ein anderer Bundesliga-Klub toppen. Dennoch würde ich nicht zwangsläufig behaupten, dass der 23. Meistertitel absolute Pflicht ist. Das hat in erster Linie zwei Gründe: Zum einen ist nach großen Turnieren wie einer EM oder WM häufig zu sehen, dass bestimmte Akteure in ein tiefes Leistungsloch fallen. Und zum anderen haben sich Teams wie Schalke 04, Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund oder auch der VfL Wolfsburg gut verstärkt. Ich prognostiziere den Bayern daher erneut eine Saison, die man keinesfalls mit angezogener Handbremse als Meister abschließen wird. Back-Quoten um 1.61 im Gesamtsieger-Markt von Betfair erscheinen mir aktuell jedenfalls noch zu gering!

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